Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) - Kreisvereinigung Augsburg
Stand: 21.11.2022
VVN/BdA Augsburg - Leonhard Hausmann

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WIDERSTAND im DRITTEN REICH

 Josefa Miller und Tochter Maria Rothkopf

   


 Josefa Miller

* 23.9.1868
in Augsburg
am 13.5.1937
an den Folgen
ihre Haft gestorben

 

Josefa Miller (geb. Schmid) wurde am 23.9.1868 in Augsburg geboren.

Sie arbeitet als Kassiererin und Näherin. 1893 heiratete sie den Käser Franz Josef Miller mit dem sie 4 Kinder hatte. Allerdings kam es später zur Trennung der Ehe.

Sie war organisiert in der KPD und arbeitete mit ihrer Tochter Maria Rothkopf zusammen in der »Roten Hilfe«. Deren Aktivitäten bestanden überwiegend aus der finanziellen und moralischen Unterstützung der Familien inhaftierter Genossinnen und Genossen. Die Spenden stammten aus Zuschüssen aus dem Ausland sowie von Augsburger Kommunistinnen und Kommunisten. Dabei lagen die Aufgaben in den Händen bewährter Funktionärinnen der früheren »Internationalen Arbeiterhilfe« und der »Roten Hilfe« - wie bei Josefa Miller und ihrer Tochter.

Diese Gruppe wurde im Sommer 1935 aufgedeckt und fast alle Mitfrauen und Mitglieder wurden verhaftet.

 
             
1920: Hungerdemonstration
M
aria und Josefa

Josefa Miller wurde im Dezember 1936 wegen »Vorbereitung zum Hochverrat« zu einem Jahr Gefängnis verurteilt und ins Frauengefängnis Aichach gebracht. Sie war damals 69 Jahre alt.

Das Urteil des OLG München wurde damit begründet, dass sie Mitglied der KPD und dort eine Zeit lang Frauenschaftsleiterin war. Ferner wurde gegen sie verwendet, dass sie für die »Rote Hilfe« zum Zweck der Unterstützung der politischen Gefangenen im Februar 1935 den Betrag von 1 RM und einige Wochen später den Betrag von 1,50 RM spendete und dass ihre Tochter Maria Rothkopf den Betrag an Anna Weichenberger übergeben hatte.

Am 1. Mai 1937 erleidet Josefa Miller einen Schlaganfall in Aichach und wird am 5. Mai 1937 ins Krankenhaus nach Augsburg gebracht. Sie stirbt am 13. Mai 1937 dort an den Folgen ihrer Haft. Ihr letzter freiwilliger Wohnort war Findelgäßchen 4 in Augsburg.

   
           
           
           
           
               
   

Brief von Josefa Miller an ihre Familie aus dem Frauengefängnis Aichach. Er wurde vermutlich Anfang April 1937 geschrieben:

»Meine liebe Thea, Ludwig und Maria!

Endlich ist es nun doch Mai geworden und heut über acht Tage schlägt für unsere Maria die Stunde der Freiheit. Wie wird sich Franz, wie werden sich die Kinder und wie wirst du dich freuen; Und wie viel freu ich mich. Aber ich hab von Euch seit Josephs tag keine Post mehr bekommen, bin daher um Euch in großer Sorge ob du nicht erkrankt bist oder ob mit Ludwig etwas ist das ihr mir nicht schreiben wollt. Ach, was man sich da hier herin für schwere Gedanken macht u. zerfleischt sich seelisch vielleicht um ein nichts. Aber die Sorgen um zuhause lassen mich nicht zur Ruhe kommen. Aber liebe Theres: du bist jetzt immer die schwersten Wege mit uns, und deine milde Hand war immer bestrebt, jede Sorgenfalte der deinen zu glätten. Du hast uns gestützt, daß wir auf dem schweren Weg, den wir zu gehen hatten, nicht zusammengebrochen sind, u. außer dir hat niemand von den Eigenen das Verstehen aufbringen können, da gab es nur Anklagen. Aber wenn jetzt Maria wieder bei ihren Kindern ist werde ich die Schwere der Zeit leichter tragen und habe ja Hoffnung, das es abwärts geht, da gilt es noch diesen Sommer aushalten, aufrecht bleiben trotz allem, u. das werde ich. Wie geht es meinen lieben Enkelkindern? Wie geht es Seppi in der neuen Lehre? Wie geht es Franzle und meinem lieben Gustele, jetzt hilft auch bald wieder eure Mutter u. im Herbst eure Großmutter Aufgaben machen. Jetzt lese ich abend und Sonntag schöne Geschichten, die ich Euch im Winter wenn Mama in der Gaderob ist, Akke erzähl von der Gschaftlhuber Nandl, die eine solche ist wie unser Franzl u. der Gustl denkt u. muß zurücklassen. Da werde ich schauen, was ich Euch Weihnacht für feine Strümpfe stricke. Nun wie geht es meinem Ludwig? Hat er Arbeit u. wie geht es mit ihm sonst??? Hat er sein Rad wieder zusammenrichten können, daß er am Sonntag in den Wald kann u. in Sportplatz? Ist er gesund? Wie geht es Vater? Wenn es Euch möglich ist mich zu besuchen das schreibe mir, daß ich nicht so überrascht bin wie letztesmal. Frage an, ob es nicht Mittwoch Sonntagskarten gibt. Macht Euch aber um mich weiter keine Sorgen, was das Schicksal auch für mich bereithält, ich werde es durchhalten, ob Regen ob Düsterkeit. Mein eigenes ich habe ich ja schon in den jungen Jahren begraben. Ich werde mit mir selber allein fertig also: nur keine Bange, wenn daheim alles in Ordnung ist. Marie wird sich wohl erholen müssen. Wie geht es Hans und Härings? Auch über ihn hab ich mir den Winter über Gedanken gemacht. Nun ist aber alles hoffentlich gut. Grüße Vater, Emil Toni u. Trude. Marie wird wissen, was sie thun muß. Vor ihr liegt die Zukunft für sie gelten jetzt die Worte: Laß dich führen, laß dich führen, Zukunftshoffen hält dich jung, lasse zu die rostigen Türen schmerzlicher Erinnerung. Eure Mutter und Großmutter, Joespha Miller

Grüße an Himbi Frau Ester Emil, Frau Wolf Bermüller u. besonders herzlich Ludwig.«

Maria Miller , Tochter von Josefa Miller, wurde am 7.9.1898 in Augsburg geboren. Sie war Textilarbeiterin, zuerst in der Nähfadenfabrik Göggingen, später in anderen Textilfabriken. 1920 heiratete sie den Tapezierer Franz Rothkopf, mit dem sie vier Kinder hatte.

Maria Rothkopf trat 1919 der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands ( USPD ) bei, dann 1921 der KPD, aus der sie 1929 austrat. Zusammen mit ihrer Mutter, Josefa Miller, war sie eine Funktionärin der "Internationalen Arbeiterhilfe", später arbeitete sie in der "Roten Hilfe" Augsburg, wie auch Anna Weichenberger und Josefa Miller.

Maria wurde 1935 verhaftet und wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" zu 19 Monaten Gefängnis verurteilt, die sie im Katzenstadel (Augsburg) und in Stadelheim (München) verbrachte. Sie wurde am 9. Mai 1937 entlassen, blieb aber weiter unter Polizeiaufsicht. Die Familie wurde im Februar 1944 ausgebombt.

       
Auf einem Fragebogen schrieb Maria Rothkopf unter »Weitere Angaben« am 3. Mai 1946:

"Durch Naziherrschaft habe ich meine Mutter im Gefängnis Aichach durch den Tod verloren. War im selben Prozess zu 1 Jahr Gefängnis verurteilt. Sie stand im 70. Lebensjahr. Mein Mann wurde laut Notdienstverordnung zur Polizei eingezogen, wo er durch Schikane zum Selbstmord gezwungen wurde.
Mein ältester Sohn befand sich 5 Jahre im KZ Flossenbürg (Oberpfalz). Er wurde beim Einmarsch der US-Army befreit."
* 7.9.1898
in Augsburg
gest. 1987 in
Mindelheim
 
         

Stolpersteinverlegung Okt. 2017
im Findelgäßchen 4

 

Nach Auslegung des Opferbegriffs der
Stadt Augsburg darf für Maria Rothkopf kein Stolperstein auf öffentlichem Grund
verlegt werden

 
  Quellen:

Frauengeschichtskreis Augsburg (Hg.): Augsburger Frauen im Widerstand. Augsburg 2015 >>
Josef Pröll: Vorwärts und nicht vergessen, Film 1983
 
             
Erinnerungsblatt